Hildesheim. Rund 30 Haupt- und Ehrenamtliche aus dem Sprengel Hildesheim-Göttingen haben sich in der vergangenen Woche in Hildesheim getroffen, um sich zum Thema Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Hannovers auszutauschen. „Mir war es wichtig,mit Ihnen zu sprechen“, sagte die Regionalbischöfin. Sexualisierte Gewalt in der Kirche sei nicht nur ein „Thema“, sondern eine katastrophale Wirklichkeit. Es gelte, eine angstfreie Kommunikation in der Kirche zu ermöglichen trotz bestehender Hierarchien.
Anlass des Treffens war ein Brief an die Kirchenleitung, der von mehr als 300 Haupt- und Ehrenamtlichen der Landeskirche unterzeichnet wurde. Dieser Brief thematisiert den dringenden Bedarf an einem Kulturwandel im Umgang mit sexualisierter Gewalt, insbesondere nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie. Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder hatte die Unterzeichnenden des Briefs zu diesem Austausch eingeladen.
Auch einzelne Synodale aus dem Sprengel, Mitglieder des Kirchenparlaments der Hannoverschen Landeskirche, nahmen an dem Treffen in Hildesheim teil, das von Superintendentin Ulrike Schimmelpfeng moderiert wurde.
Forderung nach mehr Transparenz
Auch Transparenz mangele an vielen Stellen. So hätten viele Mitglieder der Landessynode erst spät Kenntnis von dem Brief erlangt.
Um insgesamt einen transparenteren Informationsfluss zu fördern wurde konkret ein Newsletter der Landeskirche zum Thema gefordert wie er auch gerade von der Pressestelle erarbeitet wird.
Finanzielle und andere Unterstützungsmaßnahmen
Zwar stellte die Landessynode auf der letzten Tagung für die Kommunikation und Schu- lungen zum Thema sexualisierte Gewalt 500.000 Euro zusätzlich zur Verfügung. Allerdings, so der Synodale und Leiter des Kirchenamts Göttingen, Steffen Creydt, „wäre es ärgerlich, wenn dies im allgemeinen Topf eines Kirchenkreises verpufft“. Konkret wünschten sich die Teilnehmenden mehr zeitnahe Schulungsangebote und konkrete Hilfestellun- gen bei Intervention und Aufarbeitung. Die gewissenhafte und sorgfältige Bearbeitung müsse on top geleistet werden und bringe Mitarbeitende an die Grenzen ihrer Kraft. Vermisst werden außerdem regelmäßige Reflexion und Qualitätsmanagement. Externe Expertise werde zu wenig in Anspruch genommen. Angefragt wurde auch ein Fahrplan für Prävention, Intervention und Aufarbeitung im Sprengel Hildesheim-Göttingen, der aber zugleich die Ergebnisse des Beteiligungsforums der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) berücksichtigen müsse. Ziel seien einheitliche Standards in den Landeskirchen, so die Regionalbischöfin.
Kommunikation im Zentrum
Einige der Teilnehmenden forderten, Uneinigkeiten in bestimmten Fragen und unterschiedliche Perspektiven innerhalb der Kirche sichtbarer zu machen. Die Kirchenleitung wirke derzeit wie ein Block. Kirche müsse wegkommen von einem gefühlten „Harmoniezwang“. Unmut wurde vor allem im Blick auf die interne Kommunikation zum Ausdruck gebracht. Es müsse mehr und offenere Kommunikation zwischen Kirchenleitung und Mitarbeitenden geben. Pressekonferenzen und Pressemitteilungen, die sich in erster Linie nach außen richten, ersetzen nicht die notwendige Kommunikation nach innen. Viel zu häufig, so die Teilnehmenden des Austauschs, erführen Mitarbeitende in der Fläche zudem erst durch die Medien von Entscheidungen oder Problemen. „Dieses Anliegen haben wir in der Fläche nicht erkannt“, so der Synodale Bernd Rossi selbstkritisch. Manche sa hen sich von einigen Kirchenleitenden auf ihren Brief hin sogar zur Rede gestellt. Das Abblocken von kritischen Fragen führe zu „geschlossenen Räumen“ und verhindere einen offenen Diskurs innerhalb der Kirche.
Nächste Schritte
Wie müssen sich Strukturen ändern, damit ein Kulturwandel gelingen kann? Was braucht es für eine gelingende Kommunikation? Wie kann eine weitere Beteiligung aussehen?
In einem nächsten Schritt sollen Arbeitsgruppen aus dem Kreis der Unterzeichnenden und weiterer interessierter Personen zu den Themen geschaffen werden, die in dem Treffen identifiziert wurden. Weitere Austauschmöglichkeiten sollen stattfinden. Zugleich trägt Regionalbischöfin Dr. Ruck-Schröder die Impulse des Treffens in kirchenleitende Gremien der Landeskirche weiter.
„Danke, dass Sie dieses Thema immer wieder aufrufen, Danke für Ihr Engagement und den offenen Raum, den Sie heute mit Ihrer Kritik und Ihren Beiträgen gefüllt haben“, sagte die Regionalbischöfin im Anschluss an den konstruktiven Austausch.
gez. Regionalbischöfin Dr. Adelheid Ruck-Schröder
Hildesheim, den 26.06.2024
Sprengel Hildesheim-Göttingen/gmu